Mittwochmorgen in der Aula. Es ist der 29. April 2015. Gerade sind unsere spanischen Austauschschülerinnen und -schülermit ihren beiden sie betreuenden Lehrern bei uns zum Gegenbesuch eingetroffen. Aufgeregte Stimmung herrscht vor, untermalt von spanischer Musik. Spanische und deutsche Schüler sitzen gemischt und unterhalten sich, haben sie sich doch bereits beim Besuch unserer Schüler in Sevilla (kurz vor den Osterferien) kennen gelernt.
Die Bläserklasse 7.1 unter der Leitung ihres Stammgruppenleiters Christoph Dommnich ist bereits munter und ausgeschlafen und weckt uns alle mit der „Ode an Europa“. Angesichts der Partnerschaft sehr treffend und ein bewegender Moment!
Wilfried Kretschmer, als Hausherr, der sich zuvor angeregt mit den andalusischen Lehrern ausgetauscht hat, bedankt sich bei der Bläserklasse und knüpft an die Ode an. Wir seien ein Europa und haben alle gemeinsam die Verantwortung dafür, die Geschehnisse im Süden Europas zu lösen. Er habe selbst während seiner Urlaube die Grenzüberwachung per Helikopter mitbekommen und spüren können, wie nah doch die – ja letztendlich Bedrohung – durch die vielen Flüchtlinge dort sei. Nun begrüßt der Schulleiter sehr herzlich alle Spanier und ihre deutschen Gastgeber. Er weist auf die bereits beim Besuch in Sevilla geschlossenen Freundschaften hin sowie auf die Möglichkeit, nun überprüfen zu können, ob das gewonnene Bild, das entstanden sei, auch der Realität entspricht. Man würde nun in den kommenden Tagen viele Dinge gemeinsam erfahren und sehen. Und könne unsere schöne alte Stadt, die ja in diesem Jahr ihr 1200-jähriges Jubiläum feiert und selbst zwei Weltkulturgüter aufweist, hautnah erleben und kennenlernen. Im Vergleich dazu sei unsere Schule ja noch jung. Doch habe sie immerhin auch schon 40 Jahren aufzuweisen und sei mit ihren ca. 1450 Schülern die größte Schule Hildesheims. Natürlich könne Hildesheim nicht mit Sevilla mithalten (die Hauptstadt der Autonomen Region Andalusien weist drei UNESCO-Welterbe auf und ihr Amphitheater ist die zweitgrößte Stierkampfarena Spaniens. Außerdem seien das Wetter und das Essen in Spanien (Sevilla gilt als Ursprungsort der Tapas) besser; nur im Fußball (mit Augenzwinkern) sei man uns unterlegen. Teilweise hatte der Schulleiter damit die Lacher auf seiner Seite, doch teilweise fühlten sich die jungen Spanier ein wenig in ihrer Ehre gekränkt. Das Angebot, vielleicht ein gemeinsames Fußballspiel stieß auf Gegenliebe. So könnte man den Gastgebern zeigen, wer hier letztendlich die erfolgreichere Fußballnation sei. Der 2014 gewonnene Weltmeistertitel sagt ja wohl gar nichts, hat sich wohl manch ein stolzer Sevillano gesagt. Natürlich auf andalusisch.
Zurück zu der deutschen Partnerschule. Die Robert-Bosch-Gesamtschule sei eine Integrierte Gesamtschule – eine Schule für alle Kinder. Seit 30 Jahren UNESCO-Projektschule, ginge es nicht nur um Völkerverständigung; es sei vor allem die Friedfertigkeit, die man hier lebt und erlebt. Neben der Bildung sei die Erziehung zum Frieden das Wichtigste…
Übersetzt wurde die Ansprache von Miguel Angel Olmedo Ahumada.
Nun war es an der Zeit, dass die Spanier ihren Willkommensgruß präsentierten: sie tanzen eine Sevillana, der Volkstanz schlechthin (wie Flamenco), den jeder Andalusier schon direkt nach dem Laufen erlernt und mit großerm Eifer und Ernsthaftigkeit bei Festen ausführt. Die Sevillana wird paarweise getanzt; doch – gemäß Wikipedia – nie von zwei Männern! Hier, in der nördlichen und fremden Umgebung mit heute Morgen Minustemperaturen ließ die Ernsthaftigkeit ein wenig zu Wünschen übrig. Der Tanz jedoch war ein voller Erfolg. Man tanzte auseinander, aufeinander zu, bildetet einen engen Kreis, stolz, mit Hüftschwung und der richtigen Art der Handbewegung. Ihr wisst, was ich meine. Allein, es zu beschreiben fällt mir schwer…
Ich wurde einmal mehr mitgerissen vom spanischen Temperament der 5 Youngster, die sich gemeinsam mit ihrem Lehrer Ismael Roldán Castro auf dem Podium bewegten. Und, wären wir nicht so steif wie wir Nordeuropäer nun einmal sind, so hätte nicht viel gefehlt und wir alle hätten uns paarweise zusammengefunden und der spanischen Kultur in Form der Sevillana gefrönt. Doch, was nicht ist, kann ja noch werden. Unsere Schülerinnen und Schüler haben zumindest die Chance, ein wenig von dem gesunden Stolz, der Selbstverständlichkeit und dem (An)Mut, sich auch als pubertierender Junge auf eine Bühne zu stellen und gemeinsam mit einer Mitschülerin einen Volkstanz vorzuführen, zu profitieren und zu adaptieren. Und sicherlich werden auch unsere Gäste das eine oder andere (und damit meine ich keine Schnäppchen aus der Arnekengalerie) mit nach Hause nehmen. Denn das ist der Sinn eines solchen Austausches.
Wir danken Ina Böttcher und Susanne Ocker-Koß für ihren steten Einsatz in Sachen Völkerverständigung. Und dies nicht nur der Sprache wegen.