Am 29. und 30. Januar 2016 fand die Endsimulation von HiMUN statt. Dafür repräsentierten Schülerinnen und Schüler der ROBERT-BOSCH-GESAMTSCHULE sowie Studierende der Universität Hildesheim nach wochenlanger Vorbereitung ein Land ihrer Wahl und taten für insgesamt neun Stunden Sitzung so, als seien sie ein delegiertes Mitglied der Vereinten Nationen im Sicherheitsrat.
Das „Hildesheim Model United Nations“ fand auch dieses Jahr wieder für die SchülerInnen der Robert-Bosch-Gesamtschule und Studenten der Universität statt. HiMUN steht für „Hildesheim Model United Nations“. Es handelt sich hierbei um ein Projekt der Universität Hildesheim, das seit 2010 und dem Kooperationsvertrag in Zusammenarbeit mit der Robert-Bosch-Gesamtschule durchgeführt wird. Solche Simulationen von UN-Sitzungen gibt es überall auf der Welt. Studierende und SchülerInnen werden zusammen geführt, um gemeinsam einen Einblick in die Arbeit der Vereinten Nationen zu bekommen und wenigstens ansatzweise zu verstehen wie die internationale Politik funktioniert. Die SchülerInnen und StudentInnen übernehmen bei dieser Simulation die Rolle der Diplomaten. Alleine, zu Zweit oder zu Dritt repräsentieren sie ein Land – und das so realitätsgetreu wie möglich.
Die simulierten Vereinten Nationen während einer Abstimmung
HiMUN ist ein mehrwöchiges Projekt. Schon Mitte Oktober haben wir Teilnehmer uns mit der Initiatorin und Leiterin Jessica Schwarz in der Universität Hildesheim getroffen, um verschiedene Unterrichtsinhalte durchzugehen. Wir sprachen über Diplomatie, die innere Struktur der Vereinten Nationen, aber auch über die Thematik unserer Simulation: Migration, Humanitäre Hilfe, Intervention und Flüchtlingsverteilung innerhalb der EU und anderen Ländern.
Traditionell schließt ein MUN mit der Simulation einer Sitzung eines Komitees der UN ab. Bei der diesjährigen HiMUN handelte es sich um eine Sitzung des Sicherheitsrates.
Ich habe in diesem Schuljahr 2015/16 das erste Mal bei HiMUN mitgemacht und dabei die Delegation von Venezuela gespielt. Dafür ist natürlich eine gute Vorbereitung notwendig. Einerseits musste ich bestmöglich über das „eigene“ Land im Allgemeinen informiert sein, andererseits aber auch die Meinung zum Diskussionsthema kennen und in der Lage sein, all diese Themen erstens in einer diplomatischen Wortwahl wiederzugeben, da eine offensive Ansprache in einem solchen Rat fehl am Platz wäre, und zweitens alle meine Äußerungen auf Englisch vorbringen zu können. Es erklärt sich von selbst, dass eine internationale Diskussion wohl kaum auf Deutsch geführt werden wird.
Eine Situation im Unmoderated Caucus Delegationen bilden Allianzen
Dieses Jahr war unser Thema „The Maintenance of International Peace and Security with Special Emphasis on the Migrant Crisis“ (also auf Deutsch: „Die Aufrechterhaltung des internationalen Friedens und der Sicherheit mit besonderem Augenmerk auf die Flüchtlingskrise“).
Die Regelungen für eine solche Simulation sind die Gleichen wie für eine echte UN-Sicherheitsratssitzung. Für die gesamte zweitägige Sitzung lernten wir also auch die „Rules of Procedure“ kennen. Das heißt nicht nur diplomatisch zu reden oder nicht in Jogginghose bei der Simulation zu sitzen. Nein, jede Minute der Sitzung ist durchgetaktet und geplant:
Zuerst trägt jedes Land sein zweiminütiges „Opening Statement“ vor, in dem die Position des Landes und mögliche Lösungsansätze dargelegt werden. Erst danach beginnt die Debatte. Diese kann in drei verschiedenen Formen gehalten werden:
- die „General Debate“, bei welcher die Diplomaten einer Rednerliste folgend sprechen dürfen
- den „Moderated Caucus“, in welchem ein enger eingegrenztes Thema diskutiert wird und die Delegierten durch Heben ihres Schildes mit dem Landesnamen zu Wort kommen können
- den „Unmoderated Caucus“, in welchem sich die Delegierten frei im Raum bewegen dürfen und direkt mit anderen Fraktionen sprechen können.
Darüber hinaus läuft während des Sprechens durchgehend eine Stoppuhr. Der jeweiligen Delegation ist nur so lange erlaubt zu sprechen wie im Voraus festgelegt. Sogar über mögliche übrige Redezeit, die der Delegation zur Verfügung stünde, die sie aber nicht nutzt, kann nicht frei entschieden werden. Als ob diese Kommunikationszangsjacke noch nicht ausreiche, gibt es noch weitere Förmlichkeiten, die zu beachten sind: Neben dem Dress-Code (Bluse/Hemd, Stoffhose, Lackschuhe) dürfen die Delegierten während der Debatte nicht den Raum verlassen, ohne sich vorher beim Vorsitzenden des Rates abzumelden und generell gilt: ohne Abstimmung geht gar nichts. Sogar über den Antrag zur Beendigung der Debatten muss abgestimmt und, um dann tatsächlich umgesetzt zu werden, gegengesprochen und erneut mit einer Zweidrittelmehrheit gewählt werden.
Das Ganze auf Englisch ist natürlich für viele – eigentlich sogar für alle – eine riesige Herausforderung.
Die Simulation selbst verlief am 29. und 30. Januar 2016 zu Anfang etwas schleppend. Nach den „Opening Statements“, in denen die verschiedenen Delegationen in Einigkeit ausdrückten, dass sich an der derzeitigen Situation um Syrien, die Flüchtlingsströme und den internationalen Terror etwas ändern müsse, flaute die Diskussion etwas ab. Obwohl das Thema aktuell und allgegenwärtig war schien es den simulierten Vereinten Nationen schwerzufallen darüber zu diskutieren. Japans Vorschlag über eventuelle finanzielle Unterstützung für Hilfsgesellschaften für Flüchtlinge abzustimmen wurde als zu detailliert abgetan. Stattdessen sollte darüber diskutiert werden wie sich die Verteilung der Flüchtlinge auf die verschiedenen EU-Länder umstrukturieren könne. Um Geld, um Ökonomische Interessen und vor Allem um Macht ging es in unseren Diskussionen immer, aber unterschwellig. Denn nichts anderes verlangt die Diplomatie.
Alle Simulationsteilnehmer
Trotz aller Schwierigkeiten, die uns aufgrund der Thematik, der Struktur und der Sprache aufkamen, gelang es uns Teilnehmern in der Simulation 2015/16 am Ende der zweitägigen Sitzung ein Resolutionspapier herauszugeben. Das bedeutet, dass wir es als Delegationen der Vereinten Nationen geschafft hatten uns auf einige Punkte zu einigen und weltweite Aufforderungen zum „Peace keeping“ herauszubringen.
HiMUN hat für mich viel zusätzliche Arbeit bedeutet. Trotzdem war es eine großartige Gelegenheit, die ich niemals hätte verpassen wollen. Es ist sehr lehrreich festzustellen wie frustrierend das langsame und zähe Voranschreiten einer politischen Sitzung dieses Ausmaßes ist. Der Satz: „This is not in order“ – Was soviel heißen soll, wie: Das, was sie da gerade gemacht haben, ist auf einer Sitzung des Sicherheitsrates nicht gestattet – war wohl einer der häufigst erwähnten. Frustration ist tatsächlich ein passender Ausdruck um meine Gefühlslage nach der Simulation zu beschreiben. So toll es klingt, dass die diesjährigen Teilnehmer tatsächlich eine Resolution herausgeben konnten, so nichtig scheinen die Ergebnisse Alles in Allem trotzdem zu sein. Natürlich, HiMUN ist nur eine Simulation, aber auch in Anbetracht dessen worauf sich die Vereinten Nationen in unserem Model überhaupt nur einigen konnten, wird einem klar, warum jeder politische Prozess auf dieser Welt so wahnsinnig lange braucht. Wenn es um Macht geht, ist sich jede Delegation selbst die Nächste. So scheinen die Worte auf dem Resolutionspapier wie heiße Luft. Einige gutgemeinte Aufrufe zur Friedensunterstützung, aber nicht sehr viel mehr als das. Keine Abkommen über finanzielle Unterstützung, keine Einigung über die Verteilung der Millionen Flüchtlinge ohne Unterkunft, keine Abstimmung über ein Eingreifen in den Terror und das diktatorische Regime von Assad. – Über alles wurde geredet, diskutiert und doch gibt es keine nennenswerten Ergebnisse.
Natürlich hat mir persönlich die Simulation sehr viel gebracht. Ich verstehe die Politik jetzt besser und habe einen klaren Einblick vom Lebensgefühl von Venezuela bekommen. Auch hat sich mein Englisch stark verbessert und ich überlege schon, ob ich im kommenden Jahr wieder an HiMUN teilnehme.