

Graffiti-Workshop mit Azim Fakhri an der Robert-Bosch-Gesamtschule
Graffiti ist öffentlich und wendet sich an jeden, fällt auf, begeistert, verärgert, berührt, lässt niemanden gleichgültig. Aus diesem Grund wählt Azim Fakhri diese Kunstform, um mit ihr in seiner Heimat Afghanistan auf die Dinge aufmerksam zu machen, die ihm am Herzen liegen: Freiheit, Menschenrechte und friedliches Zusammenleben. Und an kaum einem Ort ist dies wohl nötiger, als in seiner von Terrorismus, Korruption und Armut erschütterten Geburtsstadt Kabul, wo seine Werke seit einigen Jahren das Straßenbild mitbestimmen. Für seine künstlerische Arbeit wählte der 1989 geborene Streetartist das Pseudonym KABUL KNIGHT, da er für seine Landsleute, wie er sagt, „ein Ritter sein möchte, der für den Frieden unter den Menschen kämpft.“

Azim Fakhri im Vorgespräch mit den SchülerInnen
Einen wesentlichen Impuls, mit Bildern im öffentlichen Raum auf das aktuelle gesellschaftliche Geschehen zu reagieren und im Gegenzug möglichst viele Adressaten direkt anzusprechen, bekam Fakhri vor einigen Jahren durch die provokativ-kritischen wie gleichsam berührenden Arbeiten des englischen Streetart-Künstlers BANKSY. Mit vergleichbar universell verständlichen Motiven reagieren Fakhris Werke auf den Alltag in seinem Geburtsland, zeugen von den Ängsten und Wünschen junger Afghanen und geben den Menschen Hoffnung auf ein Leben in einer stabilen und gerechten Gesellschaft. Seine mittels Schablonentechnik aufgetragenen Wandbilder bereichern das im Ausland oft übersehene vielgestaltige kulturelle Erbe Afghanistans um eine neue, zukunftsorientierte Bildsprache – und lassen sein Publikum auf den Straßen seiner Heimat und seine Internet-Follower aus aller Welt einander näher rücken und besser verstehen.
Am Samstag, 22. September 2018, führte Azim Fakhri an der Robert-Bosch-Gesamtschule in Hildesheim mit 15 interessierten Schülerinnen und Schülern der Jahrgänge 6 bis 13 einen Graffiti-Workshop durch. Zu Beginn der Veranstaltung schilderte der Künstler seinen von Flucht und Kinderarbeit mitbestimmten Werdegang, erläuterte seine Beweggründe, in der und für die breite afghanische Öffentlichkeit Kunst zu machen. Bereitwillig beantwortete Azim Fakhri Fragen zu seiner Biografie, zum heutigen Leben in Afghanistan sowie zu den Möglichkeiten und Schwierigkeiten, als Graffiti-Künstler ins gesellschaftliche Geschehen einzugreifen.
Anschließend wurde die Gruppe selbst aktiv und gestaltete mit Hingabe und Akribie ein ca. sechs Quadratmeter großes Bild auf einer Wand neben der Eingangshalle. Bereits am Vortag hatte der Künstler die weiße Fläche vorbereitet, die es nun mit schwarzer und roter Farbe zu bemalen galt. Das Motiv stammt aus Fakhris aktueller Bilderserie „We need Love“ und zeigt spielende Straßenkinder, die begeistert nach einem Herzen greifen. Das auf klare Kontraste, eindeutige Körpersprache und allgemein verständliche Symbole reduzierte Bild lenkt das Augenmerk unmittelbar auf den wesentlichen Aspekt, der ein Zusammenleben in Würde und Frieden überall auf der Welt ermöglichen kann: die mitmenschliche Liebe zueinander.
Eng an eng standen, hockten, saßen und bogen sich die Teilnehmer im Alter von 11 bis 18 Jahren an dem Wandbild, berieten sich, unterstützten sich bei besonders schwierig zu malenden Partien und vertieften sich konzentriert in die Arbeit. (Abgesehen von zwei Wadenkrämpfen, einer farbigen Haarsträhne und vereinzelten schwarzen oder roten Punkten auf den Händen oder in den Gesichtern nahm allerdings niemand Schaden in dem emsigen Treiben.)
Nach etwa zweieinhalb Stunden war das Wandgemälde abgeschlossen. Es ziert nun den Außenkorridor zwischen Pausenhalle und Aula – und regt hoffentlich immer wieder zu Gedanken, Gefühlen und Diskussionen in der Schulgemeinschaft und unter den Besuchern der RBG an.
Besonderer Dank geht an Azim Fakhri für seine Bereitschaft und Offenheit, diesen Workshop durchzuführen, und an die beteiligten Schülerinnen und Schüler, die mit großem Enthusiasmus das Wandbild realisiert haben.
Der Graffiti-Workshop mit Azim Fakhri fand in Kooperation mit dem Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim im Rahmen des Projektes SCHULE:KULTUR!zwei in Niedersachsen anlässlich der aktuellen Sonderausstellung AFGHANISTAN – MENSCHEN & KULTURERBE IN GEFAHR statt.
Weitere Informationen zum Künstler unter www.kabulknights.com.
Nähere Informationen zur Sonderausstellung im Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim unter www.rpmuseum.de.