In dieser Phase gab es jedoch eine erstaunliche Wende. Anstatt sich zunächst im Inneren und dann auch tatsächlich von dieser Schule zu verabschieden, begann eine ganze Reihe von Kolleginnen und Kollegen ihre pädagogische Arbeit zu intensivieren. Dies taten sie ohne Aufforderung oder Anleitung von oben. Freiarbeit und Wochenplanarbeit wurden in einem ersten Jahrgang eingeführt; in der Oberstufe wurden die ersten fächerübergreifenden Projekte und neue Formen der pädagogischen Zusammenarbeit etwa der Fächer Kunst und Deutsch oder Biologie und Politik gestartet. Hinzu kam, dass der Bereich der Umweltbildung sich deutlich als Schwerpunkt der Schule akzentuierte.
Ein „Ostseeprojekt“ und eine „Sommerschule“ wurden begonnen. Auch gab es Bestrebungen, in der gymnasialen Oberstufe allgemeine und berufliche Bildung miteinander zu verbinden. So wurden erste Verhandlungen mit dem Schulträger zur Schaffung eines dualen Ausbildungsganges zum „Umweltassistenten“ geführt. Diese Beispiele stehen für einen Aufbruch aus der Lethargie, bei dem es auf der einen Seite offensichtlich eine glückliche Fügung war, dass sich so viele Kolleginnen und Kollegen mit „ihrer“ Schule identifizierten, und bei dem auf der anderen Seite pädagogisches Können, bestehende und starke Teamstrukturen und die durch die Auseinandersetzung mit dem Umfeld offensichtlich gewachsene Gruppenbindung eine wichtige Rolle spielten. Auch hatte sich das Kollegium trotz der fehlenden Anerkennung von außen untereinander als stark und autonom erlebt. In der Folge dieses Aufbruchs entstanden eine bunte Vielzahl von Projekten und Aktivitäten. Die Schule blühte aus sich selbst heraus auf: Im Bereich der gymnasialen Oberstufe wurden Modelle fächerübergreifenden Arbeitens entwickelt. „Wasser lokal – Wasser global“ war ein Thema, bei dem zwölf Leistungskurse des 12. und 13. Jahrgangs für mehr als ein Jahr zusammenarbeiteten. Zusätzlich wurden Fachpraktika für den 12. Jahrgang eingeführt und es wurde eine Facharbeit als neue Form der Schülerleistung in den Lehrplan implementiert.
Im Bereich der Sekundarstufe I wiederum wurde Wochenplan- und Freiarbeit als neue Form der Tagesgestaltung entwickelt. Dies breitete sich dann auf weitere Bereiche der Schule aus. Im Zuge dieses Innovationsprozesses entstanden Lernwerkstätten und Lerncenter. Andere Bereiche der Schule folgten ebenfalls und wagten den pädagogischen Aufbruch. Und nach und nach verbesserte sich auch die Attraktivität und Akzeptanz der Schule. Am Ende der 80er Jahre gab es erste Resultate dieser Arbeit auch bei den Anmeldezahlen. Der nächste Schulleiter, der 1990 diesmal mit Zustimmung des Kollegiums ins Amt kam, führte die Schule dann auch emotional zusammen und setzte mit seiner starken Hinwendung zum Umfeld viele positive Akzente.
Das Ansehen der Schule stieg kontinuierlich. Ein erster Höhepunkt war erreicht, als die Schule gegen die Konkurrenz aller anderen weiterführenden Schulen des Raumes Hildesheim als Modellschule zur Präsentation des deutschen Bildungswesens auf der Weltausstellung EXPO 2000 in Hannover nominiert wurde. In dieser Zeit begannen im Kollegium aber auch die ersten selbstkritischen Betrachtungen bezüglich der eigenen Arbeit. Die Aktivitäten der Schule im Zusammenhang mit der EXPO 2000 und deren Reflexion aus den Jahren 2000 und 2001 haben dann zu einer Diskussion über eine stärkere Verankerung des Projektlernens im Fachunterricht geführt. Hinzu kamen Überlegungen, den bislang noch recht konventionellen Lehrplan der Schule grundsätzlich zu modernisieren, um – angebunden an die Inhalte der Fächer und in dieser Reihenfolge – fächerübergreifendes Arbeiten, Methodenaspekte und das besondere Profil unserer UNESCO-Schule stärker deutlich zu machen; in unserer gymnasialen Oberstufe war zu diesem Zeitpunkt bereits ein beispielhaftes Modell des fächerübergreifenden Arbeitens entwickelt und zum pädagogischen Schwerpunkt der Kursstufe ausgebaut worden.
Die Arbeitsplatzuntersuchung (APU) im Jahr 2001 machte deutlich, dass das Kollegium in erster Linie die stärkere Akzentuierung eines allgemeinen und tragenden „pädagogischen Konsenses“ wünschte. Die Diskussion im Rahmen der Entwicklung einer „Profiloberstufe“ ebenfalls in den Jahren 2001/2002 führte zur Thematisierung einer möglichen strukturellen Umorganisation der Jahrgangsstufe 9/10 hinsichtlich deutlicherer Orientierung am weiteren Bildungs- bzw. Ausbildungsweg der Jugendlichen. Im Jahr 2002 wurde im 11. Jahrgang beispielhaft mit dem „Methodenlernen“ begonnen. Immer wieder wurde dann aus dem Kollegium heraus auch die Notwendigkeit einer „Veränderung der Unterrichtskultur“ betont. Im 5. Jahrgang hatten sich zunächst und sozusagen als „Pilotprojekt“ zwei Hospitationsringe konstituiert. Es begann mit je vier Kolleginnen und Kollegen; einmal im Fach Mathematik, das andere Mal fachunabhängig. Inzwischen gibt es flächendeckend und jedes Jahr thematisch anders ausgerichtete Hospitationswochen. Die „Verbesserung der Unterrichtsqualität“ stand und steht auch weiterhin im Mittelpunkt des Entwicklungsprozesses der Schule. Hinzu kam: Die PISA-Studien ab dem Jahr 2003 machten im internationalen Vergleich die bildungspolitische wie pädagogische Überlegenheit von integrierten Systemen deutlich. Hiermit verbunden ist auch eine die Vielfalt betonende Unterrichtskultur. Dieser, so die Meinung auch bei uns im Kollegium, komme die herausragende Bedeutung bei der Gestaltung einer „guten“ Schule zu. Schulentwicklung sei in erster Linie Unterrichtsentwicklung. Zusätzlich zu diesen eigenständig entwickelten Vorstellungen wurde das Kollegium der Robert-Bosch Gesamtschule natürlich auch mit einer Vielzahl von Reformbemühungen „von oben“ konfrontiert. Diese Initiativen wurden zunächst wohlwollend vom innovationsbereiten Kollegium der Schule aufgenommen. So sprach sich die Gesamtkonferenz mit großer Mehrheit dafür aus, im „Qualitätsnetzwerk niedersächsischer Schulen“ mitzuarbeiten. Auf die mögliche und geplante Einführung einer „Profiloberstufe“ hat sich die Schule intensiv und über einen langen Zeitraum vorbereitet. Bei der Diskussion der „Selbstständigen Schule“ (2002) zeigte sich jedoch, dass das Kollegium nur bedingt bereit war, von außen kommende Reformimpulse jeweils ohne Weiteres zu übernehmen. Vielmehr wird zunehmend – und aus unserer Sicht auch berechtigt – hinterfragt, ob und inwiefern extern entwickelte Reformvorhaben den eigenen und eigenständig konzipierten Reformprozess konkret fördern können. Der Fortschritt, so die einhellige Meinung in unserer Schule, muss von denjenigen, die die Schule machen, gewollt und getragen sein.