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Zeit für Lyrik in der 10.5

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Zeit für Lyrik in der 10.5

WortLautRuhr, Kiezpoeten, speak&spin, Hildesheimslam – Poetry Slam gehört mittlerweile zu (fast) jedem deutschen Stadtbild. Im Rahmen der Lyrikeinheit nach der Abschlussarbeit hat sich die Klasse 10.5 mit diesem modernen Lyrikformat beschäftigt und folgende Charakteristika herausgearbeitet: in einem festgelegten Zeitabschnitt performen Slampoet*innen selbstgeschriebene, lyrische Texte, die das Publikum als Jury bewertet und am Ende die gelungenste Performance auswählt. In Anlehnung an und in Kooperation mit Sebastian 23, einem der bekanntesten Poetry Slammer Deutschlands, hat sich die Klasse Zeit für Lyrik genommen und eigene Verse zu seinem Text „Zeit für Lyrik“ verfasst. In vierversigen Strophen werden hier alltägliche Gegenstände, Ereignisse, Einheiten und Tiere poetisch umschrieben. Im Folgenden erhaltet ihr einen kleinen Einblick in unsere Kreativwerkstatt und das Identifikations- und Wirkungspotenzial von Lyrik, das vielleicht für manch‘ einen Schmunzler sorgt oder gar die eine oder den anderen zum Schreiben und Dichten motiviert. Viel Spaß mit ein bisschen Poesie für den Alltag und die Sommerferien!

Klara Nußbaum

Zeit für Lyrik Sebastian 23 Bäume sind Büsche auf Balken Schrauben sind Nägel mit Falten Zugfahren ist Fließen auf Gleisen Flüsse sind Meere auf Reisen Träume sind Schlaf mit Ideen Igel, Kakteen, die gehen Fenster sind gläserner Mauern Berge sind Wellen, die dauern Beine sind Arme zum Laufen Mauern sind sehr gerade Haufen Sekunden sind Stunden, die rennen Eier sind werdende Hennen Koma ist Amok im Spiegel Kakteen sind fußkranke Igel Schränke sind Häuser für Sachen Weinen ist trauriges Lachen Wolken sind Pfützen, die fliegen Zs sind Ns, wenn sie liegen Weizen sind Gräser mit Ähre Und Schwimmen ist Fliegen für Schwere Aus: Bretz, Denise; Tiesbohnenkamp, Larissa (Hrsg.) (2019): Die Ultimative Poetry Slam Anthologie II. 27 Kommentierte Bühnentexte. Paderborn: Lektora, S. 131f. Schüler*innentexte Computer sind Tore zu Welten Autos nur Häuser die schnellten Festmahl ist wie essen bei Großmutter Ein Eis am Strand nur Möwenfutter Autos sind rollende Schiffe Schreie sind laute Pfiffe Worte haben macht ein Herzen zu erreichen Menschen schaffen Kluften die Welten zerspalten Bücher sind wie sprechen, nur länger Tunnel sind wie Straßen, nur enger. Gardinen sind wie die Nacht bei Tag, Stühle sind wie Sofas in hart. Gräber sind wie Betten für immer, Lil Mosey‘s Freestyle ist wie Kendrick Lamar in schlimmer Simon ist wie „The Kid Laroi“ in deutsch, Rapper sind wie Dichter in neu. Handys sind Tore zu anderen Welten Große Menschen sind kleinere Menschen auf Stelzen Wasserhähne sind sind triefende Fälle ein Löffel ist eine kleinere Kelle Wind ist das Lied der Natur Der Sonnenaufgang der Anfang unserer Uhr Blauer Himmel wie Wasser nur oben Die Tag im Jahr wie 100 Episoden Socken sind Klamotten für Füße, Zucker ist das Blut für die Süße, Schuhe sind Autos für Socken, Die Konsole ist das Herz für das Zocken. Rückmeldung von Sebastian 23 an die Klasse Hallo Klasse 10.5, hier Herr 23, danke für eure Nachricht und eure Texte. Ich freue mich wirklich sehr über die Audio-Botschaft und dass ihr euch die Zeit genommen habt, mir nochmal extra zu sagen, dass ihr Spaß mit meinem Text hattet. Und ich finde eure eigenen Ideen ganz fantastisch. Mir hat nicht nur sehr gut gefallen, dass ihr super kreativ geworden seid und auf Sachen gekommen seid, die mir erstmal so nicht eingefallen wären. Ganz spannend fand ich auch, dass ihr so viel von euch selbst in eure Zeilen gelegt habt. Obwohl es jeweils nur wenige Zeilen waren, konnte man ganz gut erkennen, wer sich z.B. aktuell viel mit Rap beschäftigt, wer eher Fan von YouTuberinnen und YouTubern ist, für wen Humor wichtig ist und wer sich in seinem Gedicht lieber der Natur und Philosophie zuwendet. Das fand ich wirklich stark, denn für mich ist das ein wichtiger Schlüssel zum Schreiben (und der Kunst im Allgemeinen): Das man etwas von sich selbst einbringt, dass man zeigt, was einen bewegt und was in einem vorgeht. Das zu können, bedeutet, echt zu sein, sich zu zeigen - und das habt ihr ganz großartig hingekriegt. Und denkt daran: Mit dem Schreiben ist es wie mit dem Spielen eines Instruments: Je mehr ihr das macht, umso besser werdet ihr werden. Und nicht jeder Schritt auf dem Weg dahin wird schon gut klingen. Wichtig ist, dass man weiter geht. Also: Danke nochmal für eure Texte und ich wünsche euch jetzt schon mal schöne Sommerferien. Liebe Grüße, Sebastian 23