Gastgespräch mit Rabbiner Dr. Gábor Lengyel

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Gastgespräch mit Rabbiner Dr. Gábor Lengyel

von Marcel Pahl

13:45 Uhr, Clubraum der RBG: Etwa 30 Kolleginnen und Kollegen blicken gespannt auf einen mit
einem braunen Jackett und einer Kippa bekleideten, ernsthaft wie freundlich blickenden älteren
Herrn im Zentrum des Raumes. Es handelt sich um niemanden geringeres als den vielfach geehrten
Rabbiner Dr. Gábor Lengyel.
Nicht wenige mögen reich an Expertise und Meinung zu den derzeit aktuellen Fragen rund um den
Nahostkonflikt, der Staatsgründung Israels, dem Dienst in der israelischen Armee, zu Flucht und
Integration sein, aber kaum jemand vermag dies alles mit der eigenen Lebensgeschichte zu
verbinden. Und so höre ich gespannt zu, welche unglaublichen Erlebnisse dieser Mann erfahren
hat; erfahren musste: Vom Tod der Mutter durch die Deportation der Nationalsozialisten in
Budapest, der Flucht als 15jähriger von Ungarn über Österreich nach Israel, bis hin zur Einfindung
in die deutsche Gesellschaft bis hin in die höchsten Kreise. Jede Frage, die Lengyel im Laufe des
etwa 1,5stündigen Gesprächs beantwortet, bezieht etwas von dieser mich berührenden
Lebensgeschichte ein. Dabei hält er sich mit der eigenen Haltung nicht zurück: „Ich habe keine
Angst in Deutschland“, sagt Lengyel. Wenn heute palästinensische Fahnen geschwungen werden,
sei dies noch kein Antisemitismus. Wenn aber Fahnen verbrannt und Staaten auf Karten getilgt
werden, dann müsse man von dem Willen der Vernichtung ausgehen. Und hier höre die Akzeptanz
auf. Im Klassenzimmer wie überall in der Gesellschaft helfe hier der Dialog, aber bei Reden könne
es nicht bleiben: „Taten helfen“, sagt Lengyel bestimmt. Und so berichtet er von der Aufnahme von
Muslimen in seinem eigenen Haus und bewirbt wie nebenbei das von ihm initiierte Projekt
„TANDEM“ zur Demokratiebildung mit Workshops in Schulen. Es ist diese besondere Mischung aus
Fakten, aktuellen Themen, Initiativen verbunden mit der eigenen Lebensgeschichte, was mich
kaum wagen lässt, diese viel geehrte Persönlichkeit auf die voran geschrittene Zeit zu erinnern als
ich gegen 15:15 Uhr auf die Uhr blicke. Leider hatten wir keine Schlafsäcke dabei und der viel
Gefragte hatte selbst auch noch einen Termin beim Bischof.
Rabbiner Dr. Gábor Lengel hatte noch lange nicht zu Ende erzählt und deshalb möchte er gerne
wieder an die RBG kommen. Und ich glaube sagen zu dürfen: Nicht nur ich, sondern die ganze RBG
freut sich darauf! Kerstin Dohmen verabschiedete den Gast mit Blumen und bei anschließendem
Kaffee mit freundlichen wie ernsthaften Gesprächen im Raum, in dessen Zentrum dieser
außergewöhnliche Mann weiter stand, klang der Nachmittag schließlich aus.